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üb immer Treu und Redlichkeit
Die Melodie ist aus der Zauberflöte (1791). Der Text ist von L. Ch. H. Hölty (1748 - 1776) und beschreibt die Schadenfreude über eine erhoffte letzte Gerechtigkeit. Wenn sich hier das Volkslied der Melodie eines sog. ernsten Komponisten bedient, gibt es auch den umgekehrten Fall. So verwendet J. S. Bach in seiner Matthäus-Passion die Melodie des Volkslieds Innsbruck ich muß dich lassen.

üb immer Treu und Redlichkeit

Üb immer Treu und Redlichkeit
Bis an dein kühles Grab,
Und weiche keinen Finger breit
Von Gottes Wegen ab.

Dann wirst du, wie auf grünen Au'n,
Durchs Pilgerleben gehn;
Dann kannst du, sonder Furcht und Graun,
Dem Tod ins Auge sehn.

Dem Bösewicht wir alles schwer,
Er tue, was er tu;
Der Teufel treibt ihn hin und her
Und läßt ihm keine Ruh.

Der Wind im Hain, das Laub im Baum
Saust ihm Entsetzen zu;
Er findet nach des Lebens Traum
Im Grabe keine Ruh.

Dann muß er in der Geisterstund
Aus seinem Grabe gehn.
Und oft als schwarzer Kettenhund,
Vor seiner Haustür stehn.

Der alte Kunz war bis ans Grab
Ein rechter Höllenbrand;
Er pflügte seinem Nachbar ab
Und stahl ihm vieles Land.

Nun pflügt er als ein Feuermann
Auf seines Nachbars Flur
Und mißt das Feld hinab hinan
Mit einer glühenden Schnur.

Er brennet, wie ein Schober Stroh,
Dem glühenden Pfluge nach
Und pflügt und brennet lichterloh
Bis an den hellen Tag.

Der Amtmann, der die Bauern schund,
In Wein und Wollust floß,
Trabt nachts, mit seinem Hühnerhund
Im Wald auf glühendem Roß.

Oft geht er auch am Knotenstock
Als rauher Brummbär um
Und meckert oft als Ziegenbock
Im ganzen Dorf herum.

Der Pfarrer, der aufs Tanzen schalt
Und Filz und Wuchrer war,
Steht nachts als schwarze Spukgestalt
Um zwölf Uhr am Altar.

Paukt dann mit dumpfigem Geschrei
Die Kanzel, daß es gellt,
Und zählet in der Sakristei
Sein Beicht- und Opfergeld.

Der Junker, der bei Spiel und Ball
Der Witwen Habe fraß,
Kutschiert, umbraust von Seufzerhall,
Zum Fest des Satanas.

Im blauen Schwefelflammenrock
Fährt er zur Burg hinauf.
Ein Teufel auf dem Kutschenbock,
Zwei Teufel hinten auf.

Sohn, übe Treu und Redlichkeit
Bis an dein kühles Grab,
Und weiche keinen Finger breit
Von Gottes Wegen ab.

Dann suchen Enkel deine Gruft
Und weinen Tränen drauf;
Und Sommerblumen, voll von Duft
Blühn aus den Tränen auf.
Boden